Multimedia-Ausstellung „Pionierinnen des deutschen Frauenfußballs“ mit den Sonderschauen (Focus Ingelheim) „Der Große Traum“ und „Ein Tor für die Ewigkeit“ vom 6. März bis 17. April 2015 im Neuen Rathaus in Ingelheim am Rhein – Vernissage: Donnerstag, 5.3. 2015 ab 19 Uhr
Im Vorfeld der FIFA Frauenfußball-Weltmeisterschaft 2015 in Kanada präsentiert die Stadt Ingelheim im Neuen Rathaus die Ausstellung „Pionierinnen des deutschen Frauenfußballs“. Das von der Kulturstiftung des Deutschen Fußballbundes (DFB) und dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) geförderte multimediale Projekt des Fotografen Günther Bauer/SportArt öffnet mit seinen einfühlsamen Portraits, Videoinstallationen und Audiostationen den Blick auf die Persönlichkeiten, die den deutschen Frauenfußball von seinen Anfängen in den 50er Jahren bis heute maßgeblich geprägt haben.
Mit Unterstützung der Stadt Ingelheim konnte diese emotional erlebbare, bildhaft-ästhetische Zeitreise durch zwei Sonderschauen ergänzt werden, die einen aktuellen Spannungsbogen zum Frauenfußball der Gegenwart schlagen. Unter dem Titel „Der Große Traum“ werden in atmosphärisch dichten Bildern Geschichten aus dem Trainingsalltag der Nationalspielerinnen und junger Nachwuchsfußballerinnen in Ingelheim gezeigt. Während die einen um ihren Platz im Kader der Nationalmannschaft und um ihr Ticket zur WM-Teilnahme kämpfen, zeigen die Fußballerinnen an der Basis, dass sie in ihrem Engagement den großen Vorbildern in nichts nachstehen. Es sind dies nicht nur Parallelgeschichten aus dem Trainingsalltag des deutschen Frauenfußballs, sondern vor allem großes Gefühlskino, in dem der Betrachter den Spielerinnen zwischen Einsatzbereitschaft, Erschöpfung, Enttäuschung und Freude auf dem Weg zu ihren persönlichen Zielen begegnen kann. Die zweite ergänzende Sonderausstellung „Ein Tor für die Ewigkeit“ ist Bärbel Wohlleben gewidmet, die 1974 mit ihrem „Tor des Monats“ im Endspiel um die erste deutsche Meisterschaft im Frauenfußball Geschichte geschrieben hat. Als Trainerin und Mitgrün- derin des 1. FFC RHH Ingelheim gibt sie heute ihr Wissen und ihre Werte an den Fußball- nachwuchs weiter. Für die aktuelle Dokumentation ihrer Karriere gewährte die legendäre Pionierin auch Einblicke in ihr privates Archiv.
Bereits im Jahr 2011 wurde die Multimedia-Ausstellung im Rahmen des Kulturprogramms der DFB-Kulturstiftung mit beachtlichem Publikumserfolg in sieben deutschen Städten gezeigt. Unter anderem im Ikonen-Museum der Stadt Frankfurt, wo zusätzlich persönliche Erinnerungsstücke der Pionierinnen ausgestellt wurden.
Die erweiterte und aktualisierte Ausstellung im Ingelheimer Rathaus bietet nun aus gegebenem Anlass der FIFA-FrauenWM 2015 erneut Gelegenheit, den Persönlichkeiten des Frauenfußballs und seiner Geschichte nahe zu kommen.
Im Mittelpunkt des Projekts stehen dabei nicht vordergründig Daten und Fakten zur Sporthistorie, sondern die persönlichen Erfahrungen und Geschichten jener Menschen, die den deutschen Frauenfußball maßgeblich geprägt und mitgestaltet haben. Von den beherzten und schwierigen Anfängen in den konservativen 50er Jahren mit seinem Frauenfußballverbot durch den DFB, das erst 1970 aufgehoben wurde, bis hin zu den Erfolgen in der Gegenwart. So spiegelt sich in den Äußerungen bekannter wie unbekannter Pionierinnen (und Pioniere), die Günther Bauer für sein Projekt in persönlichen Interviews auch filmisch eingefangen hat, die Entwicklung des Zeitgeists zwischen dem von den Medien seinerzeit eher belächelten „Damenfußball“ der ersten Stunde und dem etablierten Frauenfußball unserer Tage. Die lebendigen Zeitdokumente aus feinfühlig erarbeiteten Portraits und Interviews fügen sich hier wie ein Mosaik zu einem vielschichtigen Bild des deutschen Frauenfußballs im Kontext der bundesrepublikanischen Alltags- und Zeitgeschichte von mehr als 50 Jahren.
Der authentische Blick auf Augenhöhe mit den vorgestellten Persönlichkeiten bindet den Besucher in diesen intimen und gleichermaßen kollektiven Erinnerungsprozess ein. Fotogra- fien, Videointallation (30 Minuten Projektfilm) und Audiostationen mit den O-Tönen einiger Spielerinnen bieten hierzu unterschiedliche mediale Ansätze, die uns mitnehmen auf eine andere Zeitreise, von der wir nicht zuletzt etwas von jener Begeisterung mitnehmen dürfen, von der die Protagonistinnen des deutschen Frauenfußballs auch in schwierigen Zeiten getragen wurden. leu
Fototriptychon der Fußballpionierin Monika Staab, Frankfurt-Praunheim (© Günther Bauer/SportART): Monika Staab an der Spielstätte ihrer Erfolge als Spielerin der SG Praunheim, später 1.FFC Frankfurt. Als Trainerin und nachfolgend als Präsidentin hatte sie erheblichen Anteil an den großen Erfolgen des FFC.
„Es ist fantastisch zu sehen, wie viele Menschen mit so viel Herzblut und leidenschaftlichem Engagement den Frauenfußball dahin brachten, wo er heute steht. Die Ausstellung trägt zu einem sehr viel tieferen Verständnis für die Entwicklung des Frauenfußballs bei“. (Monika Staab)
Günther Bauer, geb. in Lörrach/ Baden, studierte an der FH Darmstadt „Visuelle Kommunikation“ und arbeitet seit über 20 Jahren als selbständiger Fotograf. Nach einem achtjährigen Auslandsaufenthalt in Madrid kehrte er im Jahr 2000 wieder nach Frankfurt zurück. Seine großformatigen Portraits spanischer Flamencokünstler wurden in Bremen (Instituto Cervantes, 2006), Madrid (PhotoEspaña, 2006) und in Sevilla (Monat der Fotografie, 2008) ausgestellt. 2011 zeigte das „Fotografie Forum Frankfurt“ die Ausstellung „La Cara del Flamenco“ im Instituto Cervantes in Frankfurt.
SPORARTPROJECT wurde 2006 als Ausstellungs- und Internetplattform für Sport-und Kulturprojekte von Günther Bauer zusammen mit Martina Henschke gegründet. Nach den fotografischen Begegnungen mit SeniorensportlerInnen während der „Tischtennis-Senioren-WM“ 2006 in Bremen und dem „Internationalen Deutschen Turnfest„ 2009 in Frankfurt war SPORTARTPROJECT 2011 bundesweit mit der Multimedia-Ausstellung “PionierInnen des deutschen Frauenfußballs” von Günther Bauer präsent. Anlässlich der Internationalen Grünen Woche 2014 in Berlin zeigte die Heinrich-Böll-Stiftung Bauers Ausstellung „Vegan eXtreme – Sportler/innen und ihre Ernährung“.
Die Multimedia-Ausstellung des Fotografen Günther Bauer/SportArt wandert nach Bad Neuenahr-Ahrweiler. Im Rathaus der Gemeinde kann man vom 22. Juni bis zum 14. August 2015 den Persönlichkeiten des Frauenfußballs und seiner Geschichte näher kommen.
Bereits der Ausstellungsort hat hier symbolische Bedeutung: Der SC 07 Bad Neuenahr (heute SC13) ist nicht nur einer der ältesten Fußballvereine im Rheinland, auch mit seiner 1969 ins Leben gerufenen Abteilung „Frauenfußball“ zeigte man sich richtungsweisend für die gesamte Republik. Legendär ist das zu seiner Zeit weltweit größte Frauenfußballturnier, das hier 1970 auf heimischem Rasen ausgetragen wurde und international Aufsehen erregte. Im selben Jahr wurden die Spielerinnen des SC Bad Neuenahr gegen den Widerstand des DFB denn auch als deutsche Vertreterinnen zur ersten inoffiziellen Weltmeisterschaft in Italien eingeladen.
Zu den herausragenden Spielerinnen der ersten Stunde gehört Martina Hertel (geborene Arzdorf). Bei der WM in Italien schoss die damals 15jährige das einzige Tor für ihre Mannschaft. Mit Vereinstrainer Heinz Schweden wurde sie anschließend im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF gefeiert. In ihrer neunjährigen Karriere schoss die Starstürmerin mehr als 200 Tore und hat sich als „weiblicher Gerd Müller“ in der Geschichte des Frauenfußballs verewigt. Zu den Pionierinnen des Vereins gehört auch Maria Breuer (geborene Nelles), die als Torfrau im Alter von 17 Jahren ebenfalls an der inoffiziellen WM 1970 teilgenommen hat. Sie wird über 30 Jahre zwischen den Pfosten stehen; auf dem Höhepunkt ihrer Karriere trägt sie 1978 wesentlich zum Gewinn der Deutschen Meisterschaft bei.
Ein Blick in die Gegenwart unterstreicht die Bedeutung des SC Bad Neuenahr für die Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland. Ehemalige Spielerinnen des Vereins gehörten später auch auf nationaler Ebene zu den Leistungsträgerinnen, wie etwa Steffi Jones, designierte Nationaltrainerin (ab 2016) oder Celia Sasic, die gerade mit ihren Teamkolleginnen der Nationalelf in Kanada um WM-Medaillen kämpft. leu