Kleiner Leitfaden durch Weinwettbewerbe und -Bewertungen

Medaillensegen für Deutsche Weine


„Das Leben ist zu kurz,
um schlechten Wein zu trinken!“

Anspruchsvoller Weingenuss wird zunehmend zu einem öffentlichen Thema und findet als Ausdruck gehobener Lebensart Akzeptanz und Verbreitung. Wein ist nicht nur „in“, auch das Interesse des kritischen Verbrauchers an Güte und Qualitätsfragen, die das Kulturgetränk auf den Prüfstand stellen, ist größer denn je. In diesem Zusammenhang erhalten Weinwettbewerbe einen besonderen Stellenwert: als Orientierungsmöglichkeit für den Verbraucher, als Standortbestimmung für viele qualitätsorientierte Winzer und nicht zuletzt als Marketinginstrument und imagebildende Maßnahme für ein Weingut oder eine Winzergenossenschaft.

Der stetig wachsende Dschungel an nationalen und internationalen Qualitätswettbewerben und Bewertungen hingegen macht es dem Verbraucher – und selbst vielen Weinexperten - nicht immer leicht, den Überblick zu behalten: Gütesigel, bunte Prämierungsschleifen, Medaillen in Gold, Silber und Bronze, die eine Weinflasche zieren können, stellen ihren Inhalten ein verlässliches Zeugnis für gehobene Qualität aus und versprechen in der Regel auch einen ungetrübten Weingenuss. Noch bis in die 80er Jahre hinein war denn auch bei Weinflaschen aus deutschen Anbaugebieten oftmals kein Fleckchen Glas mit den entsprechenden Signets unbeklebt. Heute gibt man sich hier schon bescheidener, da die manchmal doppelt und dreifach prämierten Weine eher zu Irritationen geführt haben.
In den seltensten Fällen sind die Verbraucher aber darüber informiert, was hinter dem allgemeinen Prämierungssegen steckt. Nach welchen Kriterien wird hier von wem geprüft? Gibt es allgemeine Spielregeln, die einen professionellen Wettbewerb ausmachen? Und: Wie objektiv sind eigentlich Weinwettbewerbe?

Bevor sich ein Wein hierzulande zu höheren Weihen aufschwingen darf, muss er laut Weinrecht bei einer eingehenden analytischen und sensorischen Prüfung erst einmal seine inneren Qualitäten unter Beweis stellen. Entspricht er hier den gesetzlichen Mindestanforderungen, wird ihm von der Landwirtschaftskammer eine amtliche Prüfnummer (AP-Nummer)* zugeteilt. Ob Geruch und Geschmack typisch für die Herkunft sind, ob Rebsorte und Prädikat (Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese, Eiswein), ob Farbe und Klarheit seiner Weinart entsprechen, sind Prüfkriterien, die für jeden guten Tropfen einen qualitativen Mindeststandard festlegen. – Eine Hürde, die jeder Qualitätswein in Deutschland nehmen muss! Schließlich gibt die AP-Nummer dem Verbraucher die Garantie „geprüfter Qualität“ und der staatlichen Weinkontrolle einen Ansatzpunkt zur Rücküberprüfung der Identität eines Weines.

Nach dem Pflichtprogramm folgt die Kür: Der Griff nach dem Edelmetall wird bei der Landesweinprämierung durch die Landwirtschaftskammer zu einer ersten Herausforderung. Bei den Qualitätsweinen, Qualitätsweinen mit Prädikat und Sekten aus den bestimmten Anbaugebieten müssen sich die typischen Merkmale für Rebsorte, Jahrgang und Qualität in optimaler und vollendeter Form präsentieren (Geruch, Geschmack, Harmonie). Nur selbsterzeugte Weine und nur solche, die eine Jahrgangs- und Rebsortenbezeichnung tragen sind zugelassen. Die Prüfungskommission probt die angestellten Weine ohne den Erzeuger des Weines zu erfahren – nur Jahrgang, Rebsorte und Qualitätsstufe sind dem Prüfer bekannt. An den jeweiligen Auszeichnungen – einer bronzenen, silbernen oder goldenen Kammerpreismünze –, die als Prämierungsstreifen auf der Flasche oberhalb des Etiketts zu finden sind, erhält der Verbraucher letztlich eine Orientierung über die geprüfte Weinqualität im Glas.
Einen ähnlichen Bewertungsmarathon muss ein deutscher Wein über sich ergehen lassen, der das Deutsche Weinsiegel, eine Plakette die den römischen Baccus mit einer Traube in der Hand zeigt, tragen darf. Hier wird die Messlatte noch etwas höher gelegt, da jeder angestellte Wein in der Bewertung deutlich bessere Ergebnisse aufweisen muss, als bei der amtlichen Qualitätsprüfung. Die entsprechende Plakette auf der Weinflasche unterscheidet sich farblich je nach Weintyp (rot = lieblich, gelb = trocken, grün = halbtrocken) und signalisiert überdurchschnittliche Weinqualität.

Neben dem Weinsiegel, das von einer Tochtergesellschaft der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) in Frankfurt vergeben wird, zählt die Bundesweinprämierung, die ebenfalls von der DLG veranstaltet wird, zu den herausragenden nationalen Wettbewerben. Sie ist der einzige bundesweite Wettbewerb, der ausschließlich deutschen Weinen vorbehalten ist. Mit ihren Prüfkriterien und dem bundesweiten Experten-Pool, der sich aus eigens geschulten Prüfern der verschiedenen Weinregionen Deutschlands zusammensetzt – Oenologen, Fachjournalisten, Sommeliers, regionale und internationale Kenner der Weinbranche – gehört der Wettbewerb zu den strengsten und objektivsten im Konzert der großen Veranstaltungen in diesem Bereich.
Die Prüfer verkosten die Weine nach einem an internationalen Standards orientierten Prüfverfahren, ohne zusätzliche Informationen über deren regionale Herkunft – wichtige Kriterien, mit dem sich der Wettbewerb unter anderem seine Neutralität bewahrt hat. Die Test-Ergebnisse werden jedes Jahr in einem informativen „DLG-Wein Guide“ veröffentlicht, mit dem Ziel, den Verbrauchern die attraktive Vielfalt und Spitzen-Qualität deutscher Weine zu vermitteln.

Bei best of riesling, der mit rund 1800 angestellten Weinen wahrscheinlich weltweit größten Riesling-Probe, werden alle zwei Jahre die internationalen Top-Weine dieser Rebsorte geprüft und bewertet. Die Veranstaltung, die im Jahr 2000 im Rahmen der rheinland-pfälzischen Riesling-Initiative des Weinbauministeriums ins Leben gerufen wurde, ist mittlerweile ein von der OIV (Organisation International de la Vigne et du Vin) in Paris anerkannter Wettbewerb, dessen Signet somit auch werbewirksam von den teilnehmenden Betrieben verwendet werden kann.

In einem freien Markt der Meinungen und Urteile konkurrieren selbstverständlich auch die Qualitätswettbewerbe und Prüfinstitutionen miteinander. Für den Prämierungs- und Medaillensegen sorgen hingegen nicht mehr in erster Linie staatliche Prüfkommissionen, Weinbauverbände und unabhängige Institutionen. Zeitschriften und Verlage haben hier schon seit geraumer Zeit das Zepter übernommen. Weinmagazine wie Vinum/Alles über Wein, Weinwelt, Der Feinschmecker/ WeinGourmet, Selection oder die eher branchenintern orientierten Zeitschriften Wein + Markt sowie Weinwirtschaft veranstalten nicht nur eigene national und international ausgerichtete Weinwettbewerbe, sondern geben den Verbrauchern in jeder Heft-Ausgabe Bewertungen und wichtige Hintergrund-informationen zu Weinen und Winzern an die Hand.

Ein Blick auf die in Deutschland stattfindenden Wettbewerbe verdeutlicht, dass es beim Weinolymp auch um einen munteren Wettstreit der Zeitschriften und Verlage um die ersten Plätze geht: Da konkurriert der Pinot-Noir-Cup (veranstaltet von den Internetportalen von best-of-wine und der Wochenzeitschrift Die Zeit) mit dem Deutschen Rotweinpreis (Vinum). Der Riesling Erzeugerpreis (ebenfalls Vinum) gerät mit dem international besetzten Wettbewerb best of riesling in Konkurrenz.

Großveranstaltungen, bei denen mehrere Hundert Weine ins Rennen gehen, zeigen nicht nur ein enormes Wettbewerbsspektrum, sondern vermitteln gleichsam Weinkompetenz auf der ganzen Linie: Mundus Vini (Meininger Verlag/Weinwelt), der – bezogen auf Teilnehmerzahl (rund 4800 Weine) und die Größe der Fachjury - vielleicht bedeutendste internationale Weinwettbewerb in Deutschland oder die in jüngster Zeit ins Leben gerufene Premium Select Wine Challenge (Selection), ein international anerkannter Spitzenwein- und Schaumweinwettbewerb, werben mit ihren hohen Anstellungszahlen. Da beide Wettbewerbe nicht nur dem strengen Probenreglement der OIV folgen, sondern auch vom EU-Gesetzgeber anerkannt sind, dürfen die jeweils verliehenen Auszeichnungen auf der Weinflasche deklariert werden. Ebenso selbstbewusst gibt sich auch der vom Busche Verlag im Jahr 2005 initiierte Deutsche Weinpreis, der in gleich 28 Kategorien Prämierungen vornimmt.

Zu diesen Großveranstaltungen gesellen sich die eher traditionellen Wettbewerbe, die sich der Förderung bestimmter Rebsorten oder Weintypen verschrieben haben: Silvaner Forum, Lemberger Preis „Vaihinger Löwe“, Internationaler Müller-Thurgau-Preis oder die Spätlese-Trophy, um nur einige der Wichtigsten zu nennen.

Neben den einschlägig bekannten Magazinen und Special-Interest-Titeln haben in jüngster Zeit auch Publikumszeitschriften das Thema Wein für sich entdeckt. So gibt es seit dem Jahr 2002 den Bunte Wine Award, mit dem das süddeutsche Gesellschaftsmagazin Weinkompetenz signalisiert. Und sogar die Stiftung Warentest gibt sich vinophil: Nach einer chemischen und sensorischen Prüfung (Farbe, Geruch, Geschmack) verteilt hier die Testjury nach objektiven Kriterien ihre Urteile von „sehr ansprechend“ bis „fehlerhaft“.

Das Wettbewerbskarussell dreht sich weiter – und dabei sollte dem Verbraucher nicht unbedingt schwindelig werden. Kaum ein Weininteressierter wird sich alle Testergebnisse zum Vergleich auf den Tisch legt. Die ungewöhnliche Vielfalt an Wettbewerben trägt vielmehr zu einer enormen Popularität des Themas bei. Und: „Geprüfte Weinqualität“ hat in der Regel auch einen seriösen Hintergrund, da sich fast alle Qualitätsprüfungen an internationalen Verkostungsstandards orientieren. Der Verbraucher kann also sicher gehen, dass Weine, die von ausgewiesenen Weinexperten nach einem festgelegten Schema auf Aussehen, Farbe und Geruch beurteilt wurden, auch ungetrübten Trinkgenuss versprechen.

Wem eine Orientierung an den Verkostungsergebnissen der aktuellen Weinwettbewerbe allerdings zu mühselig erscheint, der greift vielleicht zu den Klassikern unter den Publikationen, die Weinbewertungen verbrauchernah präsentieren: Weinführer wie Gault&Millau WeinGuide Deutschland, Eichelmann Weinführer oder Wein-Plus Weinführer Deutschland (im Internet) vermitteln übersichtlich Informationen auf einen Blick. Punkte, Preise und Prämierungen gibt es auch hier, wobei jeweils mit unterschiedlichen Gewichtungen die Auf- und Absteiger, die besten Weine und Weingüter oder der Winzer des Jahres mit seiner Kollektion in den Mittelpunkt rücken. Sie sind hingegen eine verlässliche Informationsquelle für den Weinkauf und geben allemal einen aussagekräftigen Überblick eines Jahrgangs, der die aktuellen Tendenzen in der deutschen Weinlandschaft sichtbar macht. Es empfiehlt sich, die jeweiligen Bewertungen dieser Publikationen miteinander zu vergleichen. Letztlich geben sie dem Verbraucher zwar die Meinungen von Fachexperten und versierten Weinjournalisten an die Hand, aber selbst diese können hier und da voneinander abweichen. Schließlich lässt sich Wein nicht wie eine sportliche Leistung genau messen. leu



* Die AP-Nummer setzt sich zusammen aus der Betriebsnummer (Nummer der 
 Prüfstelle, Nummer des Abfüllorts und der Kennziffer des Abfüllbetriebs) sowie der Antragsnummer 
 und der Ziffer für das Antragsjahr. Bsp.: A.P. Nr. 4725012114
4 = Kennziffer der Prüfstelle (Alzey), 725 = Ort (Firmensitz) des Abfüllers, 012 
 = Kennziffer des Abfüllbetriebs, 1 = Antragsnummer des Betriebs, 14 = Jahr der Antragstellung (2014).


Beitrag für das Deutsche Weininstitut (DWI)/ZDF-"Volle Kanne"